Um 23.30 Uhr kam Ulf mit der freudigen Nachricht nach Hause, dass er soeben ein Stück Schwarzwild gestreckt hat.
Seit Wochen bereiten den Bauern und damit auch uns Jägern die Sauen großen Ärger. Auf den Maisschlägen war der Schaden so groß,
dass wir den Mais mühevoll per Hand nachlegen mussten, um den Bauern friedlich zu stimmen. Nun sind die Maispflanzen schon
recht groß und trotzdem scheinen die Körner am Stielende so köstlich zu sein, dass das Schwarzwild weiterhin
auf den Äckern danach wühlt.
Nun hatte es also geklappt. Ja, dass Stück ist noch ein paar Meter gelaufen und dann umgekippt. Den Hunden bereiten auch solche kurzen
Suchen viel Freude und wir sind mit Jule ins Revier zum sogenannten Heuberg gefahren. Beschossen wurde das Stück auf
einer gemähten Stilllegungsfläche. Die Dunkelheit machte es natürlich nicht einfacher den Anschuss zu finden, aber bei den hohen Temperaturen
konnten wir das Stück keinesfalls bis zum Morgen liegenlassen. Also schickte ich Jule zur Quersuche und nach wenigen Sekunden saugte sie sich fest und lag wunderbar
im Riemen. Also ein paar Meter konnten es aber nicht gewesen sein. Inzwischen hatten wir die gesamte Stillegungsfläche überquert und waren kurz vor der
Roggenkante, als ich von hinten die ersten Zweifel des Schützen vernahm. Vor einiger Zeit hatte ich mir geschworen dem Hund 100% zu vertrauen, aber
der Mensch lässt sich ja gerne verunsichern. Also aus der Richtung in die wir suchten, wäre das Stück gekommen, aber geflüchtet
sei es in die entgegengesetzte Richtung. Na, ein paar Sekunden wollte ich standhaft sein, aber das permanente Anzweifeln im
Hintergrund bewegte mich schließlich dazu, den Hund kurz vor der Roggenkante abzutragen und erneut anzusetzen. Jetzt machte Jule allerlei, aber in die absolut sicher geglaubte
Fluchtrichtung wollte sie nicht suchen. Nach einer halben Stunden standen wir mitten im Roggenfeld und auf einmal war das Stück gar nicht mehr so sicher
umgefallen. Genervt nahm ich Jule auf den Arm und beschloss den Hund genau da anzusetzen, wo sie ursprünglich hin wollte. Ich brauche nicht mehr viel zu schreiben. Den ersten
Schweiß fanden wir an der Stelle, wo ich Jule abgetragen hatte. 50m weiter lag der bereits verendete Keiler. Soviel zum Thema: "Der Hund hat immer recht". Es ist wirklich so, dass
man einem erfahrenen Hund, der sich mehrfach im Jagdgebrauch bewiesen hat, absolut vertrauen sollte und auch kann. Aber man muß als Hundeführer auch lernen, die noch so sicher geglaubten
Beobachtungen eines Schützen immer anzuzweifeln. Und das ist gar nicht so einfach...
Froh kann ich bloß sein, dass Jule mir solche Aktionen nicht allzu übel nimmt. Verständlich wäre es, wenn sie keinen Schritt mehr gehen würde,
nachdem ich sie von der Krankfährte abgetragen habe.
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